In der Rangliste der wertvollsten Unternehmen der Welt dominieren 2020 erneut die Plattformunternehmen. Deutsche Firmen spielen kaum eine Rolle. Erst auf Rang 71 taucht SAP in dieser Rangliste auf. Ein Tech-Konzern mit – wen wundert es – Plattformgeschäftsmodell.

Cawa Younosi – Personalchef von SAP Deutschland – kommentierte dies im Karriere-Netzwerk LinkedIn wie folgt: „[…] Deutschland und Europa können mit mehr Mut und Risikobereitschaft bei Investitionen […] aus den eigenen Innovationen deutlich mehr machen […]“.
Deutschland hat diese Beispiele, die zeigen, dass Mut und Risikobereitschaft zu echter Veränderung führen und belohnt werden. Eines dieser Beispiele ist Klöckner & Co SE. Hier wurde mit dem Gedanken „Kill the company“ das eigene Geschäftsmodell herausgefordert. Das Ergebnis: XOM Materials – ein Plattformgeschäftsmodell mit dem Potential, Klöckner den eigenen Kernmarkt streitig zu machen, und damit die perfekte Strategie, um Angriffe von Dritten abzuwehren.
Was dieses Beispiel zeigt: Neben Mut und Risiko brauchen wir vor allem die Bereitschaft, Dinge grundlegend zu verändern. Im Zeitalter der Plattformökonomie heißt das, sich dem Wettbewerb bewusst zu stellen – ihn sich vielleicht sogar zu eigen machen. Oder wie Zhang Riumin, CEO von Haier, – zugegebenermaßen zugespitzt – sagt:
„Competition in the Internet era is not between companies, but between platforms. You either own, or are owned by, a platform.“
Wir brauchen flächendeckend Strategien für das Zeitalter der Plattformökonomie.
Das heißt nicht, das jedes Unternehmen zur Plattform bzw. zum Aggregator werden muss. Es gibt weitere Strategieoptionen – die ich im folgenden ebenfalls kurz beleuchten möchte.
Strategieoptionen für das Plattform-Zeitalter

1. Aggregator/Orchestrator (Plattformbetreiber)
Die Königsdisziplin: Hier werden Sie zum Aggregator und Orchestrator eines Marktes. Als Plattformbetreiber bauen Sie Markthindernisse ab, indem Sie für die Marktteilnehmer Transparenz schaffen und über standardisierte Prozesse Komplexität reduzieren. Sie lösen ein Problem des gesamten Marktes (beidseitig) und steigern so die Wertschöpfung in diesem Ökosystem. Ihr Hauptinstrument ist die Governance und Ihre Kern-Assets sind Vertrauen, Ihre Fähigkeiten zum „Matchmaking“ und – das Herzstück – Daten.
Vorteile | Nachteile |
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– Sie bestimmen die Regeln des Marktes. – Sie behalten die Kundenschnittstelle. – Sie können datengetrieben diversifizieren. | – Erträge ergeben sich erst auf lange Sicht – bei Erreichen einer kritischen Masse. – Auflösung des Chicken-Egg-Problems kann sehr kostenintensiv sein. |
2. Long-Tail Producer
Sie sind Experte für hochgradig spezialisierte Waren und Dienstleistungen und bieten diese über Plattformen am Markt an. Sie sind bereit dazu, sich konsequent dem Wettbewerb zu stellen und in den direkten Vergleich zu treten, im Bewusstsein, das beste Nischenangebot für eine sehr „spitze“ Zielgruppe liefern zu können. Sie sind schnell, denn nur so schaffen Sie es, sich auf die kontiniuerlichen Veränderungen Ihres Marktsegments anzupassen und neue Chancen zu identifizieren. Ihren Ertrag ziehen Sie aus einer hohen Marktdurchdringung bei einem relativ kleinen, spezifischen Marktsegment.

Vorteile | Nachteile |
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– Schneller Einstieg in die Plattformökonomie. – Geringer Anpassungsaufwand zu bisherigen Geschäftsmodellen. – Kurzfristige Erträge möglich. | – Abhängigkeit von Plattform(-betreiber). – Zunehmende Marktfragmentierung lässt Ihr Marktsegment immer spezifischer und damit kleiner werden. |
3. Infrastrukturprovider (White-label-Strategie)
Sie sind der „heimliche“ Befähiger für die Aggregatoren des Marktes. Sie bieten essenzielle Leistungen wie Hosting, Payment, Logistikprozesse, usw. extrem skalierbar an – und dies zu kontinuierlich sinkenden Kosten. Sie sind quasi die Plattform hinter den Plattformen. Aufgrund der Dominanz von Skaleneffekten haben Sie eine Kultur, die Standardisierung, Kostenkontrolle und Vorhersagbarkeit in den Mittelpunkt stellt, und damit die Fähigkeiten zur Verwaltung von hochvolumigen, routinemäßigen Verarbeitungsprozessen.
Vorteile | Nachteile |
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– Geringer Anpassungsaufwand zu bisherigen Geschäftsmodellen – Hoher Lock-In-Effekt. | – Im Wettbewerb mit etablierten Tech-Giganten. – Starke Marktkonzentration lässt nur Raum für wenige Anbieter. |
Wie Sie sich am Ende auch entscheiden – wichtig ist, dass Sie es tun. Jetzt müssen die Weichen gestellt werden, dass Deutschland auch weiter eine Bedeutung in der Weltwirtschaft hat.
Jetzt müssen wir Strategien für das Zeitalter der Plattformökonomie entwickeln.